Fliegen

Vogelfrei; Schweben wie ein Adler; über den Wolken......Schlagwörter, die man mit Fliegen verbindet.


Ich bin in einer Familie aufgewachsen, die sehr darauf bedacht war, sich in die Gesellschaft einzuordnen, nicht aufzufallen und das zu tun, was die Anderen von uns verlangen. Das war schwer für mich, denn eine, die schon immer sehr neugierig war und die es reizte Dinge auszuprobieren, wurde darin erheblich gebremst. "Das tut man nicht...." war ein Satz, den ich sehr oft zu hören bekam. Jeden Morgen, wenn ich das Haus verließ, sagte meine Mutter "...und hör auf das, was die Lehrerin sagt." Als ob ich dies nicht ohnehin getan hätte, verstärkte dieser nahezu tägliche Ausspruch, mein Anpassungsverhalten noch. So wurde ich zu einer stillen Beobachterin meiner Klassenkameraden und -Kameradinnen, die sich so einiges erlaubten, manchmal Ärger bekamen, aber genauso ihre Schullaufbahn absolvierten wie ich auch. Im Stillen bewunderte ich sie für ihren Mut und beneidete sie regelrecht, dass ich nicht ein wenig so sein konnte, wie sie.

Mein Anpassen führte dazu, dass ich irgendwann nicht mehr realisierte, was ich eigentlich wollte, was ich konnte und wer ich bin. Das kann ganz schön quälend sein, denn alles, was ich anpackte, war zwar ordentlich, doch entpuppte sich nie zu einer Leidenschaft.

Außerdem gab es da noch die Menschen, die sehr schnell merkten, dass man mich dominieren konnte. Ich erlebte Grenzüberschreitungen und Gewalt. Dinge, die eigentlich offensichtlich sein sollten, ich jedoch erst einmal erkennen musste.....

Trotzdem empfinde ich heute meine Erfahrungen als ein Geschenk. Nicht, dass sie mich nicht manches Mal noch schmerzen würden, wenn ich daran zurückdenke. Doch sie verhalfen mir dazu, meine imaginären Ringe, die ich mir durch meine mir selbst (und von außen) auferlegten Glaubenssätze zugelegt hatte und die mich in ein bestimmtes Verhaltensmuster zwängten, nach und nach zu sprengen.

Wer mich kennt, kann sich heute nicht mehr vorstellen, wie schüchtern ich war. Ich durfte dies im Laufe der Jahre langsam ablegen.

In den Vordergrund ist stattdessen immer mehr der Wunsch nach dem "Fliegen" gerückt. Ich möchte so leben, dass es meinem innersten Wesen entspricht. Damit meine ich nicht, dass ich auf egoistische Art und Weise mir alles erlaube, was mir in den Sinn kommt. Ich meine damit ein kreatives und mir entsprechendes Leben, in dem sich meine Seele entfalten kann. Ich bin zufriedener und kann daher auch mit viel mehr Aufmerksamkeit meinem Umfeld begegnen. Es ist also nicht nur mir, sondern auch meinen Mitmenschen gedient.

Versuche es doch mal vom Boden abzuheben und ein Stück zu fliegen!

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Kommentare: 1
  • #1

    Simone (Mittwoch, 04 Juli 2018 18:52)

    Dein Blog erinnert mich so sehr daran, wie mich der Boden und die Welt vereinnahmt. Und deine Aufforderung von "Versuche doch mal vom Boden abzuheben und ein Stück zu fliegen!" ist so wohltuend, die Dinge mal hinter sich zu lassen und über den Dingen zu schweben (fliegen). Und ich mache das jetzt öfters und erlebe, dass sich meine Sicht auf mein Leben verändert. Ich gehe mehr aus mir heraus und probiere mich aus. Vielen Dank für deinen Blog!