Aus dem Gesicht geschnitten

Nackt werde ich geboren.

Noch hänge ich an einer Nabelschnur, die mich versorgt. Mein Herz schlägt.

Ich schwimme in einer warmen und weichen Geborgenheit. Ich werde ernährt, ich werde am Leben gehalten.

Ich kann wachsen, jeden Tag!

 

Heute komme ich auf diese Welt!

Sie fühlt sich kalt, grell, laut und fremd an.

Irgendjemand klopft mir auf den Hintern.

Ich soll wohl schreien.....und atmen!

Ich will nicht!

Ich ahne, dass die Welt vieles für mich hat, was ich nicht verstehe.

Die Nabelschnur wird abgeschnitten.

Es fühlt sich so....abgeschnitten.....an.

Aber auch frei! Irgendwie!

Wenn sie mich nicht gleich mit ihren Meinungen, ihren Erwartungen, ihren Sehnsüchten überschütten würden.

 

Ich werden gemessen- passe ich in die Norm?

Ich werde angezogen- nackt war schöner!

Ich soll trinken- ich will aber schlafen!

Ich soll in die Windel machen- ich will aber trinken!

 

Ich werde mit warmen Armen umfangen. Jemand singt mir was vor.

Ist das meine Mutter? Sie sieht schön aus. Sie hat eine schöne Stimme- ich kenne sie!

Ich bin wieder in Geborgenheit.

Sie fühlt sich anders an als im Bauch- die Geborgenheit, aber schön.

Ein ganzes Leben wartet auf mich.

Wie aufregend! Wie schön!

 

Und du, Mutter, wie geht es dir?

Du heißt mich willkommen!

War der Vorgang der Geburt auch willkommen?

Oder haben sie über dich auch bestimmt?

Dir etwas abgeschnitten?

 

Wenn ich dich ansehe, dann bist du mir wie aus dem Gesicht geschnitten!

Oder bin ich dir aus dem Gesicht geschnitten?

 

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